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Fünfzehn Jahre später …
Tut sich denn gar nichts? Wer nach finanzieller Gewalt googelt, stößt rasch auf mein Buch »Bis das Geld euch scheidet«. Vor fünfzehn Jahren geschrieben, beleuchtet es einen Aspekt, der immer noch ein Tabu ist. Warum ist das so? Und, ist es überhaupt wahr?
Oft höre ich die Frage: Wieso geht es dir nur um Frauen? Werden nicht auch Männer betrogen, ausgeraubt, hintergangen? Diese Frage fußt auf einem gefühlten Wissen, was finanzielle Gewalt sei. Intuitiv werden Armut und finanzielle Gewalt gleich gesetzt. Wer arm ist, gilt automatisch als Opfer, während eine Frau, die über Geld verfügt, kein Opfer sein kann. Das bekanntestes Gegenbeispiel ist der antike griechische Philosoph Diogenes, der so bedürfnislos war, dass er freiwillig in einer Tonne lebte. Als Alexander der Große den Philosophen besuchte und ihm anbot, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, soll Diogenes geantwortet haben, er habe nur einen Wunsch: »Nimm deinen Schatten von mir!« Ein Mensch, der auf materielle Güter verzichtet, tut dies freiwillig, im Unterschied zu einem Menschen, der ausgeraubt wird. Wenn Frauen von ihren eigenen (Ex-)Männern finanziell übervorteilt werden, widerspricht dies ihren Interessen und geschieht oft genug gegen ihren Willen. Finanzielle Gewalt bricht den Willen des anderen, egal ob viel oder wenig Geld im Spiel ist. Im Unterschied zu körperlicher Gewalt handelt es sich um eine sozial akzeptierte Form von Gewalt, die oft nicht als solche erkannt wird.
Beim Geld endet die Freundschaft, sagt ein Sprichwort. Das gilt umso mehr für die Liebe. Ich will einen Beitrag dazu leisten, den »Gender«-Aspekt, der wie ein Schatten über bzw. unter dem Thema Geld liegt, heraus zu arbeiten, um daraus Interessen abzuleiten, die politisch verfolgt werden können. Mit dieser Dimension möchte ich die Informations- und Coaching-Angebote für Frauen ergänzen, die entstanden sind, seit ich mein Buch geschrieben habe. Frauen, die finanzielle Selbstverantwortung übernehmen wollen, sind als Zielgruppe entdeckt. Auch gibt es ein wahrnehmbares Interesse, Care-Arbeit in Familien finanziell anzuerkennen. Eher selten wird hierbei das Ehe- und Familienrecht ins Visier genommen, dass eine solide Basis bildet, wenn Frauen während der Familienphase sowie vor allem nach Trennung und Scheidung finanziell übervorteilt werden. Der Gesetzgeber setzt »gegenseitiges Einvernehmen« in Ehen voraus. Seit 1997 ist Vergewaltigung strafbar, auch in Ehen. Nicht strafbar ist, wenn ein Mann seine Frau finanziell ausnutzt, belügt, betrügt, übervorteilt. Dabei ist Geld ein Existenzmittel, und Frauen geraten, auch durch ihre geschlechtsspezifische Sozialisation, häufiger als Männer in die Situation, emotional abhängig zu werden.
Die Erfahrung, finanziell vom eigenen (Ex-)Mann »über den Tisch gezogen« zu werden, ist demütigend. Frauen, die ihre Wut zeigen, ernten nicht nur Mitgefühl. Dabei gibt es sie. Frauen, die sich trauen. Die sich zusammen tun. Die protestieren. Wie viele es sind, weiß niemand genau. Es gibt kaum Studien zu finanzieller Gewalt und ihren Folgen, auch für die Gesundheit betroffener Frauen.
Jede Erkenntnis setzt ein Interesse voraus (Jürgen Habermas). Mich interessiert, was geschieht, wenn die finanziellen Interessen eines Paares auseinanderlaufen: Wer riskiert, wer gewinnt den Konflikt? Wer setzt sich durch? Welche Verbündeten stehen wem zur Seite?