»Liebe zwischen Soll und Haben«

Hans von der Hagen, in: Süddeutsche Zeitung, 26. April 2020

Der Artikel in der Süddeutschen Zeitung ist online nur mit Abo unter diesem Link lesbar. Der folgende Auszug gibt die Passagen über Katharina Martin und das Thema finanzielle Gewalt wieder:

Foto: SZ 26.04.2020, Sabrina Weniger

Als Katharina morgens in die Küche kam, lagen da mehrere große Geldscheine. Sie waren garniert mit einem Zettel. »Geld? Bei Liebe kein Thema!« stand darauf. Katharina wohnte mit ihrem Freund noch nicht zusammen, aber er war oft bei ihr. Sie genoss es, sie hatten sich im Urlaub kennengelernt. Ein aufregender, attraktiver Mann. Er verdiente gut, lud sie gerne zum Essen ein. Und das auf eine lässige Art, die ihr signalisierte, dass ihm Geld nicht viel bedeutete – was natürlich vor allem dann leicht ist, wenn man genügend davon hat.

Sie selbst war Projektmanagerin und verdiente zumindest so viel, dass es für sie und ihre Tochter reichte. Doch nun war ihr Freund da, und mit ihm wurde das Leben teurer. Nicht nur, weil eine Person mehr da war, er lebte auch finanziell auf einem anderen Niveau. Gingen sie einkaufen, griff sie zum Sonderangebot, er zum Markenprodukt. Verreisten sie, wollte er in ein Vier-Sterne-Hotel, sie in die Pension.

Katharina verunsicherte dieser Einkommensunterschied. Am Abend zuvor hatte sie endlich mit ihrem Freund darüber sprechen wollen, wie sich die unterschiedlichen Level verknüpfen lassen. Doch das Gespräch gelang nicht so, wie es sich Katharina erhofft hatte. Als sie auf das Thema Geld zu sprechen kam, hörte sie von ihm nur: »Alles kein Problem, vertrau‘ mir.«

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