
Eheverträge vor Gericht
Eheverträge sind grundsätzlich sittenwidrig, wenn die Regelungen auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielen, der bei Unterzeichnung in einer unterlegenen Verhandlungsposition gewesen sein muss. Dies ist der Fall bei sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit, intellektueller Unterlegenheit, Ausnutzung einer Zwangslage sowie bei einer Überrumpelung.
In seinem Grundsatzurteil vom 06.02.2001 erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Eheverträge mit Schwangeren für sittenwidrig und verwies ausdrücklich auf Art. 6 (4), wonach Mütter den besonderen Schutz des Staates genießen. Seit diesem Urteil müssen private Eheverträge die gebotene Rücksicht auf das Wohl von Kindern und Müttern nehmen.
Auch Eheverträge, die bei einer sogenannten »Hausfrauenehe« sämtliche nachehelichen Ansprüche ausschließen, sind in der Regel sittenwidrig und damit nichtig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 11.02.2004 einen »Kernbereich« an Scheidungsfolgen definiert, der nicht ersatzlos durch einen Ehevertrag gestrichen werden darf. Zu diesem Kernbereich gehört vor allem Unterhalt wegen Kinderbetreuung, aber auch Alters- und Krankheitsunterhalt.
Ob ein Ehevertrag als sittenwidrig eingestuft wird, wird von den angerufenen Gerichten streng geprüft. Eine Übersicht von BGH-Urteilen zu Eheverträgen bietet dieser Link des »Deutschen Anwaltverein«. Zur Anfechtung von Eheverträgen aus Anwaltssicht siehe beispielhaft folgenden Link.
Kreditverträge und Bürgschaften vor Gericht
Auch Kreditverträge und Bürgschaften können sittenwidrig sein. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 29.06.2023 (8 U 172/22) festgestellt, dass die Forderung einer Bank nach Mitunterzeichnung eines Kreditvertrages durch eine Lebensgefährtin ihres Darlehensnehmers sittenwidrig sein kann, wenn die Lebensgefährtin durch eine Mithaftung finanziell krass überfordert wird. Im verhandelten Fall habe die Bank »die emotionale Verbundenheit der Beklagten zu ihrem damaligen Freund ausgenutzt, um diese zu ihrer Unterschrift zu bewegen. Die Klägerin habe gewusst, dass eine Mithaftung bei einem Gehalt von 1.300 EUR monatlich und einer Darlehensrate von 1.000 EUR monatlich zu einem finanziellen Ruin der Beklagten führen könne.« Das Verhalten der Bank widersprach damit nach Auffassung des OLG dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden im Sinne des § 138 BGB. Zwar habe die Lebensgefährtin den Darlehensvertrag eigenhändig unterzeichnet, aus Sicht der Bank jedoch erkennbar kein eigenes Interesse am Abschluss des Darlehensvertrages gehabt. Dessen Zweck seien die Umschuldung von Krediten des damaligen Freundes sowie die Finanzierung eines Autokaufs gewesen. Beides habe für die Bank erkennbar allein den Interessen des damaligen Freundes gedient. Die Lebensgefährtin habe erkennbar lediglich aus emotionaler Verbundenheit mit ihrer Unterschrift ihrem damaligen Freund einen Gefallen erweisen wollen. Das Verhalten der Bank widersprach damit nach Auffassung des OLG dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden im Sinne von § 138 BGB.
Zitiert nach haufe.de
Finanzielle Entschädigung für Familienarbeit
In Spanien wurde im Jahr 2023 ein Grundsatzurteil gefällt, das einen Mann dazu verpflichtet, seiner Ex-Frau eine Entschädigung für die Hausarbeit zu zahlen, die sie während ihrer Ehe geleistet hat. Das Gericht in Vélez-Málaga entschied, dass die Frau für 25 Jahre, in denen sie den Haushalt führte und die Kinder erzog, eine Entschädigung von über 200.000 Euro erhält. Dies ist eine bemerkenswerte Entscheidung, da sie die jahrelange unbezahlte Familienarbeit von Frauen anerkennt und ihnen eine finanzielle Entschädigung zuspricht. Die ihr Recht einklagende Spanierin erzählte, dass viele Anwälte, die sie kontaktiert habe, sie trotz der geltenden Gesetze gewarnt hätten, sie würde mit einer solchen Klage nur Zeit und Geld verschwenden. Die ihr nun zugesprochene Entschädigung wurde anhand des Mindestgehalts berechnet. Zudem wird sie gemäß Urteil Unterhalt für sich und ihre Töchter bekommen. »Ich rede mit den Medien nur, damit Frauen ermutigt werden, das einzufordern, was ihnen zusteht«, erklärte sie. »Es gibt viele Frauen, die hilflos sind.«
Siehe hierzu diesen Link.